Über Geld spricht man doch

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„Money makes the world go round“ – diese Binsenweisheit kennt fast jeder. Und doch wird in der Regel höchst ungern über Gehälter gesprochen. Dabei ist es für Berufseinsteiger wichtig, zu erfahren, welchen Verdienst er oder sie erwarten kann.

Die Zeiten, als Architekten dem sogenannten „akademischen Prekariat“ angehörten – den Berufsständen mit Uni-Abschluss, aber nicht sonderlich attraktiven Verdienstchancen, sind zum Glück längst vorbei. In den 90er Jahren des letzten Jahrtausends wählten in erster Linie Überzeugungstäter mit Hang zum Idealismus den Beruf. Doch mit Beginn der Niedrigzinsphase auf dem Kapitalmarkt setzte in der „Nuller-Dekade“ ein Bauboom ein und die gute bis sehr gute Auftragslage verschaffte nicht nur den Architektur- und Planungsbüros Aufwind, sondern auch den Gehältern der dort Beschäftigten.
Allerdings ist die Spannbreite der Verdienstmöglichkeiten bis heute groß, reicht vom selbständigen Einzelkämpfer, der gerade so über die Runden kommt, bis hin zum hochdotierten Stararchitekten à la Hadi Teherani oder Peter Zumthor. Viele Faktoren beeinflussen das Gehalt: Die Berufserfahrung, die gewählte Spezialisierung, die Größe und Art des Arbeitgebers, das Bundesland und der Studienabschluss machen teilweise einen deutlichen Unterschied. So verdient ein Angestellter eines Architektur- oder Planungsbüros tendenziell um Einiges weniger (durchschnittlich 50.400 €/Jahr, Quelle: Bundesarchitektenkammer 2020, alle Zahlen Brutto-Werte) als jener im öffentlichen Dienst (64.412 €/Jahr). Am besten dotiert sind Positionen in der gewerblichen Wirtschaft (75.000 €/Jahr).

Finanzielle Ungleichheit

Auch das Geschlecht spielt nach wie vor eine Rolle (siehe Grafik oben): Während ein männlicher Architekt 2020 im Schnitt laut Bundesarchitektenkammer ein Brutto-Jahresgehalt von 62.400 Euro erhielt (inklusive aller zusätzlichen Geldleistungen und Überstundenvergütungen), kamen seine Kolleginnen im Schnitt auf rund 10.000 Euro weniger (52.000 €). Am gravierendsten fällt der Gender-Pay-Gap in der gewerblichen Wirtschaft aus: Das durchschnittliche Jahresgehalt weiblicher Vollzeitbeschäftigter
(64.000 €) liegt 16.000 Euro unter dem männlicher Kollegen (80.000 €). Frauen sind in Führungspositionen immer noch unterrepräsentiert – ein Thema für die berufspolitische Arbeit der Architektenkammern in einigen Bundesländern. Allerdings liegen die Geschlechter beim Gehalt im öffentlichen Dienst fast gleichauf: Der jährliche Unterschied beträgt hier „nur“ 4.000 Euro.
    Mit einem eher unterdurchschnittlichen Gehalt müssen aller Wahrscheinlichkeit nach auch Innen- und Landschaftsarchitekten rechnen. Stadtplaner dagegen, die oft im öffentlichen Dienst tätig oder gar verbeamtet sind, verdienen in der Regel mehr als der Branchendurchschnitt. Was aber sagen die Statistiken aus über das zu erwartende Gehalt beim Einstieg ins Berufsleben? Darüber sollte man sich spätestens mit Ende des Studiums Gedanken machen, wird man doch in Stellenanzeigen und erst recht im Vorstellungsgespräch um die Angabe einer Gehaltsvorstellung gebeten. Hier kommt es vor allem auf den erreichten Abschluss an: Zahlen des Online-Stellenportals Absolventa zufolge können angehende Architekten in ihrem ersten Berufsjahr mit einem Brutto-Gehalt von rund 38.000 Euro rechnen, wenn sie einen Master-Abschluss in der Tasche haben; das entspricht rund 3.170 Euro (brutto, ebenso die folgenden Zahlen) monatlich. Berufsanfänger, die schon früher, nämlich nach dem Bachelor, in die Praxis einsteigen, erhalten merklich weniger: im Schnitt 34.000 Euro und damit knapp 2.830 Euro im Monat.

Regionale Unterschiede

Mit wachsender Berufserfahrung wächst jedoch auch das zu erwartende Einkommen – die Expertise nimmt zu, man hat sich berufsbegleitend weitergebildet, der Verantwortungsbereich wird größer. Klar, dass man als engagierter Profi nicht auf der Stelle treten, sondern seinen Horizont vergrößern will, sein Können und die eigene Persönlichkeit weiterentwickeln möchte. Umso schöner, wenn sich diese Lust am fortlaufenden Lernen auch auf dem Konto bemerkbar macht. So kommt man einer Erhebung des Instituts für Freie Berufe (IFB) zufolge als Architekt mit einem bis zwei Jahren Berufserfahrung jährlich im Durchschnitt schon auf etwa 39.000 Euro. Nach drei bis zehn Jahren klettert der jährliche Brutto-Verdienst auf 46.263 Euro. Und Architekten, die mehr als zehn Jahre im Berufsleben stehen, können laut IFB im Schnitt mit 56.915 Euro rechnen. Dabei fällt auf, dass für die Gehaltsentwicklung auch das Bundesland, in dem man arbeitet, eine Rolle spielt, wie überhaupt die Verdienstmöglichkeiten innerhalb Deutschlands stark schwanken. In Bayern, Baden-Württemberg und Hessen verdienen Architekten am meisten, während es in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern um die Verdienstchancen im bundesweiten Vergleich am schlechtesten bestellt ist.
    Auch für die Bauingenieure hat das IFB die zu erwartende Gehaltsentwicklung ermittelt. Um es schon einmal vorwegzunehmen: Es ist allgemein bekannt, dass die Berufsgruppe in Deutschland gut verdient, mehr als Architekten, was sich auch in den IFB-Zahlen widerspiegelt. Demnach bekommen Bauingenieure nach einem bis zwei Jahren im Job schon jährlich 42.880 Euro (ebenfalls alle Zahlen brutto) und nach drei bis zehn Jahren durchschnittlich 51.812 Euro. Bauingenieure mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung haben ein durchschnittliches Jahresgehalt in Höhe von 62.525 Euro. Interessanterweise sind die Jahresgehälter der jüngeren Bauingenieure zwischen 2015 und 2020 kontinuierlich gestiegen, während der Wert für Kollegen mit über zehn Jahren Erfahrung immer wieder Schwankungen unterworfen war und zum Beispiel 2020 sogar leicht, um rund zwei Prozent, gegenüber 2019 gesunken ist.

Weitere Gehaltsfaktoren

Doch auch für Bauingenieure gilt: Neben der professionellen Erfahrung gibt es weitere Faktoren, die sich auf das Gehaltsniveau auswirken. Zu Beginn der Berufslaufbahn ist der Verdienst noch maßgeblich vom erreichten Studienabschluss abhängig, wie der Gehaltstest 2020 von ingenieur.de/academics zeigt: Mit dem Bachelor in der Tasche trägt der Berufseinsteiger im Schnitt etwas weniger nach Hause als mit Diplom. Für Master-Absolventen macht die Art der besuchten Hochschule den Unterschied: Wer von einer Fachhochschule kommt, muss mit einem etwas geringeren Gehalt rechnen als sein Kollege, der an einer Universität oder Technischen Hochschule den Master gemacht hat.
    Auffällig ist auch das Ost-West-Gefälle: In sämtlichen ostdeutschen Bundesländern liegen die Gehälter für Bauingenieure unterhalb des Niveaus im Westen der Republik. Stuttgart, Düsseldorf, Nürnberg und Frankfurt sind die Regionen, in denen laut ingenieur.de 2020 die höchsten Gehälter gezahlt wurden – allesamt wirtschaftsstarke Ballungsgebiete mit einer Vielzahl attraktiver Großunternehmen. Bei den Gehaltsverhandlungen sollten neben dem monatlichen Einkommen auch Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld zur Sprache kommen. Der Einkommensstudie von ingenieur.de zufolge bekamen 2020 allerdings mehr als die Hälfte der Ingenieure weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld ausgezahlt.

Verhandlungsgeschick gefragt

Das dürfte sich aber ändern. In der Branche wird aufgrund des aktuellen Fachkräftemangels sowohl für Bauingenieure als auch für Architekten eine Steigerung des Gehaltsniveaus erwartet: Arbeitgeber, die ihr Team durch top-qualifizierte, engagierte Nachwuchskräfte verstärken wollen, seien Experten zufolge angesichts der Arbeitsmarktlage gezwungen, offene Stellen höher zu dotieren. Ergänzend zum Gehalt werben Unternehmen zunehmend mit weiteren Zuwendungen wie leistungs- oder umsatzabhängigen Bonuszahlungen, Mitarbeiterbeteiligungen oder Firmenrenten. Und auch nicht-­materielle Pluspunkte wie Kinderbetreuung, Sportangebote, Job-Fahrräder oder die ÖPNV-Jahreskarte auf Firmenkosten werden im sogenannten „war for talents“ mehr und mehr ins Spiel gebracht.
    Das bedeutet für Berufseinsteiger: mutig in die Gehaltsverhandlungen einsteigen, auch wenn diese für die meisten Menschen ein echter Härtetest sind. Aber gerade deshalb sollten Absolventen sich bewusst machen, dass das Gegenüber im Bewerbungsgespräch auch nur ein Mensch ist und sie selbst jede Menge zu bieten haben. Karriereberater empfehlen daher, das Gehaltspoker mit etwas Abstand anzugehen, frei nach dem Motto „Man kann eh nur gewinnen – auf jeden Fall an Erfahrung“. uv

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